RF-Werte sind entscheidende Kenngrößen für Aminosäuren in der Chromatografie. Sie geben Auskunft über das Wanderungsverhalten der Moleküle im Chromatografie-System. Je niedriger der RF-Wert einer Aminosäure, desto langsamer bewegt sie sich im Vergleich zum Laufmittel. Höhere RF-Werte zeigen entsprechend eine schnellere Wanderung der Substanz an.
Die RF-Werte sind dimensionslose Zahlen zwischen 0 und 1. Sie werden berechnet, indem die zurückgelegte Strecke der Aminosäure durch die Laufmittelstrecke geteilt wird. RF-Werte sind unter standardisierten Bedingungen charakteristisch für jede Aminosäure. Sie ermöglichen dadurch die Identifizierung unbekannter Aminosäuren und die Reinheitskontrolle. Abweichende RF-Werte deuten auf Verunreinigungen oder strukturelle Unterschiede hin. Die genauen RF-Werte hängen jedoch von verschiedenen Einflussfaktoren ab.
Was beeinflusst RF-Werte bei Aminosäuren?
Die chemische Struktur der Aminosäure beeinflusst maßgeblich deren RF-Wert. Insbesondere die Polarität der Seitenkette nimmt eine entscheidende Bedeutung ein. Polare Aminosäuren wie Serin oder Threonin weisen niedrigere RF-Werte auf als unpolare wie Leucin oder Valin. Der Grund dafür liegt in stärkeren Wechselwirkungen polarer Gruppen mit dem Trägermaterial. Und auch die Länge der Seitenkette wirkt sich auf den RF-Wert aus. Längere, sperrigere Seitenketten verringern die Beweglichkeit der Aminosäure und führen zu niedrigeren RF-Werten.
Neben der Struktur der Aminosäure beeinflussen zudem das Laufmittel und das Trägermaterial die RF-Werte. Polare Laufmittel wie Wasser oder Alkohole erhöhen die RF-Werte polarer Aminosäuren, da sie deren Löslichkeit verbessern. Die Wahl des Trägermaterials – meist Papier oder dünne Schichten – beeinflusst ebenfalls die Wechselwirkungen und somit die RF-Werte. Unterschiedliche chromatografische Systeme können somit zu variierenden RF-Werten für dieselbe Aminosäure führen.

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Wie die Bestimmung der RF-Werte erfolgt
Zur experimentellen Bestimmung von RF-Werten wird oft die Papierchromatografie eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird eine Lösung der zu untersuchenden Aminosäure punktförmig auf ein Filterpapier aufgetragen. Das Papier wird dann in eine Entwicklungskammer gestellt, die das Laufmittel enthält. Durch Kapillarkräfte steigt das Laufmittel im Papier auf und transportiert die Aminosäuren unterschiedlich weit. Nach der Entwicklung wird das Papier getrocknet und die Lage der Aminosäureflecken sichtbar gemacht. Das geschieht oft durch ein Anfärben mit Ninhydrin.
Anschließend wird die Entfernung jeder Aminosäure vom Startpunkt sowie die Laufmittelfront gemessen. Der RF-Wert ergibt sich aus dem Quotienten der Aminosäurestrecke und der Laufmittelstrecke. Für reproduzierbare Ergebnisse müssen alle Parameter wie Papiermaterial, Laufmittel, Temperatur und Entwicklungsdauer standardisiert werden. Nur so können RF-Werte verschiedener Experimente verglichen werden.
Anwendungsbeispiele
Die Kenntnis der RF-Werte ermöglicht vielfältige Anwendungen in der Analytik und Reinigung von Aminosäuren. Ein Hauptanwendungsgebiet ist die Identifizierung unbekannter Aminosäuren in komplexen Gemischen. Dazu werden Referenzsubstanzen mit bekannten RF-Werten unter identischen Bedingungen chromatografiert. Stimmen die RF-Werte der unbekannten Substanz mit einer Referenz überein, handelt es sich sehr wahrscheinlich um dieselbe Aminosäure. Diese Methode ermöglicht eine schnelle Zuordnung ohne aufwendige instrumentelle Analytik.
RF-Werte dienen auch der Reinheitskontrolle isolierter oder synthetisierter Aminosäuren. Verunreinigungen zeigen sich durch zusätzliche Flecken mit abweichenden RF-Werten. Die Intensität dieser Flecken erlaubt Rückschlüsse auf den Grad der Verunreinigung. Außerdem ist es möglich, sich die unterschiedlichen RF-Werte bei der präparativen Trennung von Aminosäuregemischen zunutze zu machen.
Durch die geeignete Wahl von Trägermaterial und Laufmittel lassen sich die RF-Werte so einstellen, dass eine optimale Auftrennung erreicht wird. Die getrennten Aminosäuren können dann aus dem Chromatogramm isoliert und aufgereinigt werden. RF-Werte sind somit ein wichtiges Werkzeug für die Charakterisierung und Handhabung von Aminosäuren.