Liebe & Beziehung

Kind will zum Vater ziehen, aber Mutter weigert sich: Was tun?

Für Kinder ist die Trennung oder gar Scheidung der Eltern immer ein extrem einschneidendes und belastendes Erlebnis. Plötzlich sind nicht mehr beide Elternteile gemeinsam im Alltag präsent: eine Situation, die oft Emotionen wie Traurigkeit, Wut, Verlustangst und manchmal sogar Schuldgefühle auslöst. Genau jetzt steht auch die Frage im Raum, bei welchem Elternteil das Kind denn nun leben soll.

In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Mutter. Das Kind verbleibt mit ihr entweder in der bisher mit dem Vater gemeinsam genutzten Familienwohnung oder zieht zusammen mit ihr in ein neues Zuhause. Der Vater hat jedoch ein Besuchs- oder Umgangsrecht, das in Paragraf 1684 BGB geregelt ist. Demnach hat das Kind das gesetzlich verankerte Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen, und zwar unabhängig vom Sorgerecht.

Das Kind will zum Vater ziehen: Die Gründe sind vielschichtig

Manchmal ist das Zusammenleben zwischen Mutter und Kind aber nicht ganz so harmonisch. Oft ist dies in der Pubertät der Fall, wenn der Sohn oder die Tochter nicht mehr Kind, aber auch noch nicht erwachsen ist. Eine schwierige Phase, in der es häufig zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen kommt.

Viele Jugendliche äußern dann den Wunsch, zum Vater zu ziehen. Allerdings kommt dieser Wunsch auch bei deutlich jüngeren Kindern vor. Die Gründe sind vielschichtig: Vielleicht ist die Bindung zum Vater einfach stärker, vielleicht fühlen sie sich von der Mutter auch nicht ausreichend geliebt. Möglicherweise ist der Vater auch weniger „streng“ oder er lebt schlichtweg in besseren finanziellen Verhältnissen. Doch was ist, wenn die Mutter gegen den Umzug ist?

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Wenn sich die Mutter weigert: Miteinander reden und außergerichtlich eine Einigung erzielen

Das Wichtigste zuerst: Bei einem gemeinsamen Sorgerecht entscheiden normalerweise beide Elternteile gemeinsam, wo das Kind lebt. Das heißt, dass beide das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und alleinige Entscheidungen über einen Umzug somit nicht möglich sind. Die Eltern müssen sich also theoretisch irgendwie einigen. Beiden Elternteilen sollte dabei bewusst sein, dass das Kindeswohl immer im Mittelpunkt steht. Möchte das Kind nicht mehr bei der Mutter leben, hat es dafür Gründe. Intensive Gespräche sind daher wichtig, um herauszufinden, ob diese Gründe schwerwiegend sind und ein ernst zu nehmendes Problem dahintersteckt oder ob es sich nur um eine vorübergehende Laune handelt.

Außerdem müssen die organisatorischen Fragen geklärt sein. Möglicherweise ist die Weigerung der Mutter berechtigt, weil der Vater – beispielsweise aus beruflichen Gründen – überhaupt nicht genügend Zeit hat, um sich ausreichend um das Kind zu kümmern. Oft ist ein Umzug auch mit einem Schulwechsel verbunden, was ebenfalls zu Problemen führen kann, vor allem dann, wenn er mitten im Schuljahr stattfinden soll. Die Mutter muss ihre Weigerung also auf jeden Fall begründen können.

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Handelt es sich jedoch „nur“ um verletzten Stolz, eventuelle Rachegefühle oder das Bedürfnis, den Vater nicht „siegen“ zu lassen, wird sich eine vernünftige Einigung nur schwer erzielen lassen. Es ist dann möglich, das Jugendamt hinzuzuziehen. Es hilft im Rahmen von Familien- oder Einzelgesprächen dabei, eine Lösung zu finden. Manchmal kann auch ein Umzug auf Probe sinnvoll sein. Vielleicht stellt das Kind dann fest, dass es auch mit dem Vater Auseinandersetzungen gibt und er durchaus streng sein kann. Oder das Zusammenleben entwickelt sich tatsächlich sehr harmonisch: Dann ist ein endgültiger Umzug die richtige Entscheidung.

Was kann der Vater tun, wenn sich die Mutter weiterhin grundlos und strikt weigert?

Wichtig: Wenn der Vater das Kind ohne Einwilligung der Mutter dauerhaft zu sich holt, handelt es sich um Kindesentziehung. Besteht ein gemeinsames Sorgerecht und verweigert die Mutter dem Kind einen Umzug zum Vater, so kann dieser jedoch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich beantragen. Dies geht aber immer nur über das Familiengericht. Dafür muss der Vater den Grund für seinen Antrag angeben und auch aussagekräftige Argumente liefern, warum er das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine für sich beanspruchen möchte.

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Das Familiengericht leitet dann üblicherweise ein Verfahren ein und hört beide Elternteile an. Manchmal wird auch ein Gutachter hinzugezogen. Dieser beleuchtet die familiäre Situation von allen Seiten und spricht eine Empfehlung aus. Die endgültige Entscheidung trifft jedoch das Familiengericht auf Grundlage des Kindeswohls. Es kann für den Vater jedoch hilfreich sein, vor dem Verfahren einen Anwalt, der sich auf Familienrecht spezialisiert hat, zu konsultieren.

Das gemeinsame Sorgerecht bleibt durch die Bestimmung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts in der Regel zwar erhalten, über den Wohnort des Kindes entscheidet dann jedoch ausschließlich der aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil. Wäre dies der Vater, könnte die Mutter den Umzug also nicht mehr verweigern.

Kann das Kind nicht selbst entscheiden, bei wem es leben will?

Der Wille des Kindes ist durchaus relevant. Allerdings hat es erst mit Vollendung des zwölften Lebensjahres offiziell ein Mitspracherecht und in Gerichtsverfahren sogar erst ab 14 Jahren. Hier gilt: Je älter das Kind, desto mehr Gewicht hat sein Wille. Beurteilt wird aber stets der Einzelfall, was bedeutet, dass neben dem Alter beispielsweise auch der Entwicklungsstand und die Reife auf die Waagschale gelegt werden. Das heißt aber nicht, dass der Wunsch eines jüngeren Kindes überhaupt nicht zählt.

Steht es der Mutter beispielsweise sehr ablehnend gegenüber und wiederholt es dies auch immer wieder sehr entschieden, muss das Jugendamt beziehungsweise das Familiengericht dies berücksichtigen. Jedoch ist der Wille des Kindes nicht immer mit dem Kindeswohl identisch, es muss also eine Entscheidung getroffen werden, die in erster Linie im Interesse des Kindes liegt. Erst ab der Volljährigkeit kann das Kind ganz alleine entscheiden, wo und bei wem es leben möchte.